Nachhaltigkeitszentrum Hagen: die Utopie in die Realität holen

Nachhaltigkeitszentrum Hagen: die Utopie in die Realität holen

Engagement des Monats April 2024

Was mit der Initiative „Hatopia” begann, ist heute ein Verein und ein Ort der Gemeinschaft für Menschen jeden Alters und unterschiedlicher Herkunft. Das Nachhaltigkeitszentrum Hagen bietet allen die Möglichkeit, eigene Projekte umzusetzen und der Nährboden für vielfältige Ideen zu sein – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit, des Umweltschutzes und der sozialen Gerechtigkeit.

Das hölzerne Schild, upgecycelt aus alten Skateboards, umrandet von Solarzellen. Die bunten Plakate und Gegenstände im Inneren locken die Blicke auf das Schaufenster zwischen den Fassaden der hohen Altbauten des Hagener Stadtteils Wehringhausen. Über der Eingangstür verrät das Schild, was sich hinter den Türen befindet: das „Nachhaltigkeitszentrum Hagen”. 

Hinter der Eingangstür können Menschen hinkommen und Dinge mitnehmen – Kleidung, Haushaltswaren, Schallplatten und was eben sonst noch so da ist. Geld müssen sie nicht dabei haben. Hier ist alles kostenlos. Der Umsonstladen trägt sich durch Spenden. Jeder kann Dinge in das Geschäft bringen, die ein neues Zuhause suchen. Hinter diesem Teilprojekt steht der Verein Nachhaltigkeitszentrum Hagen e.V.. 

Ganz vorne dabei sind Jessica Bönn und Roman Krüger. Die Vorsitzenden haben den Verein 2021 gegründet und verbringen oft jede freie Minute im Nachhaltigkeitszentrum. Genau wie das rein ehrenamtliche Team um das Nachhaltigkeitszentrum herum, zu dem rund dreißig Menschen gehören. Der Umsonstladen ist das Herzstück und wohl bekannteste Projekt des Zentrums. Doch mit den Jahren sind noch zahlreiche weitere Projekte hinzugekommen. In einer offenen Werkstatt bieten ehrenamtliche Informatiker einmal monatlich ihre Unterstützung bei Computer- und IT-Problemen an. „Es geht bei uns nicht nur darum, Gegenstände zu recyceln, sondern sie wiederzuverwenden und zu reparieren." Das Zentrum möchte die Wegwerfgesellschaft überwinden und ein neues Bewusstsein für den Wert von Ressourcen schaffen. Nachhaltigkeit steht hier, wie der Name verrät, im Zentrum.

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Engagement des Monats April 2024: Nachhaltigkeitszentrum Hagen

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In einem multifunktionalen Raum finden zudem regelmäßig Veranstaltungen wie Kinder-Yoga, Nachhilfegruppen für zugewanderte Kinder im Quartier und kreative Workshops statt. Das Upcycling-Puppentheater verbindet Kultur und Nachhaltigkeit und regt klein und groß an, kreativ mit recycelten Materialien zu arbeiten und früh ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu entwickeln. Auf einem alternativen Weihnachtsmarkt bot der Verein im vergangenen Jahr erstmals in Hagen eine Plattform für regionale Produkte und eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Weihnachtsmärkten. All das sind nur einige der Projekte, die das Nachhaltigkeitszentrum Hagen ermöglicht. Neben den Projekten vor Ort engagiert sich das Team an rein ehrenamtlich Engagierten auch außerhalb ihrer Räumlichkeiten. 

Ein jährliches Highlight ist der „Parking Day", ein Event, das Parkflächen in grüne, lebendige Begegnungsorte verwandelt. Mit Konzerten, Vorträgen und diversen Aktivitäten werden an diesem Tag öffentliche Parkplätze zu Orten der Gemeinschaft. Auf dem jährlichen internationalen Aktionstag wird gezeigt, was mit einer Verkehrswende und nachhaltigerer Mobilitätsgestaltung so alles im urbanen Raum möglich wäre. 

Jedes Projekt trägt auf seine Weise zur Vision des Zentrums bei: der Schaffung einer nachhaltigen, sozial gerechten Gesellschaft. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, arbeitet das Nachhaltigkeitszentrum mit anderen Vereinen und Initiativen zusammen wie Kulturzentren, dem Klimabündnis oder der Stadt Hagen und einigen weiteren. „Wir möchten eine Stadt schaffen, in der wir alle eine lebenswerte Zukunft haben."

Das Team hinter dem Verein gibt es schon viel länger. Einst gründeten sie die Initiative „Hatopia” – eine Zusammensetzung aus den Wörtern Hagen und Utopie. „Es geht darum, die Utopie in die Realität zu holen”, sagt Jessica Bönn. Was mit „Hatopia” begann, führte über die Vereinsgründung zu einem großen Netzwerk mit immer mehr Engagierten und einem eigenen Quartier, in dem das Nachhaltigkeitszentrum zuhause ist. 

Neben der Förderung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft gehört soziale Gerechtigkeit zu den Schlüsselthemen des Vereins. Die Ehrenamtlichen setzen sich dafür ein, eine inklusive Gemeinschaft zu schaffen, in der jeder seinen Platz findet, „mit sozialen Kaufhäusern oder einem Umsonstladen, wo alle sich Dinge leisten können und wir Ressourcen sparen." Dazu gehöre auch der faire Zugang zu Bildung und Kultur. Durch eine Vielzahl von Projekten strebt das Zentrum danach, insbesondere Kinder und Jugendliche zu erreichen und ihnen nachhaltige Werte zu vermitteln. „Es ist wichtig, dass wir früh bei den Kindern ansetzen, weil sie unsere Erwachsenen von morgen sind", erklärt Jessica Bönn.

Auch wenn das Nachhaltigkeitszentrum stetig neue Engagierte gewinnt, sei es für die Vereinsmitglieder eine „Dauerherausforderung, das Projekt am Laufen zu halten.” Der ständige Bedarf an ehrenamtlichem Engagement und die Fluktuation von freiwilligen Helfern erschweren die kontinuierliche Arbeit und erfordern eine ständige Motivationsarbeit. Zudem finanziert sich der Verein rein durch Spenden und projektgebundene Fördermittel. Für die laufenden Kosten wie die Miete greifen die Ehrenamtlichen oft selbst in die Tasche und spenden dem Verein regelmäßig Geld. Hinzu kommen auch „dicke Bretter“, die man in der Verwaltung in Sachen Transformation und Klimaschutz bohren muss.

Im Gegenzug gebe es aber auch viele „magische Momente”, in denen das Team immer wieder merkt, wie wichtig die Arbeit des Nachhaltigkeitzentrums ist: Etwa, wenn „eine ältere Dame in den Umsonstladen kommt und etwas findet, was sie sich sonst nicht leisten könnte” oder „wenn man wie die letzten Jahre bspw. geflüchteten ukrainischen Frauen mit Kindern beim Ankommen unterstützen kann“. Das Gefühl, Teil von etwas Bedeutsamem und Transformierendem zu sein, ist für viele Ehrenamtliche eine wichtige Triebfeder.

Darüber hinaus ist das Zentrum ein Ort, an dem sich Menschen treffen, austauschen und voneinander lernen können. Im Nachhaltigkeitszentrum wurde eine wahre Begegnungsstätte geschaffen, im sonst sozial und finanziell strukturschwächeren Hagen-Wehringhausen. Dies gilt sowohl für das Team an Ehrenamtlichen als auch für Anwohnende, die regelmäßig bei den Projekten oder offener Tür vorbeischauen. Das Nachhaltigkeitszentrum ist ein Ort, an dem Menschen oft auch Unterstützung suchen, ankommen, ein Teil von etwas sind. Es ist diese Gemeinschaft, die viele Ehrenamtliche motiviert. Für viele ist das Engagement im Zentrum eine Gelegenheit, ihren Alltag mit sinnvollen Aktivitäten zu bereichern und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

In Zukunft möchte der Verein noch viele weitere Projekte ins Leben rufen und fördern. Dafür soll die Summe von 1.000 Euro, die als Anerkennung für das Engagement des Nachhaltigkeitzentrums Hagen im Rahmen des Engagementpreises ausgezahlt wird, eingesetzt werden.