"Tafelkirche im Quartier": Denkmalgeschütztes Gebäude für den guten Zweck retten

"Tafelkirche im Quartier": Denkmalgeschütztes Gebäude für den guten Zweck retten

Engagement des Monats Januar 2024

Die Kirche "Heilige Familie" dient seit 2007 der Oberhausener Tafel als zentraler Ort der Lebensmittelausgabe. Da bisher finanzielle Mittel für dringliche Restaurierungsmaßnahmen fehlten, ist die nachhaltige Nutzung des Baudenkmals stark gefährdet. Das Projekt "Tafelkirche im Quartier'' setzt sich für den Erhalt des Gebäudes ein. Es stellt damit die langfristige Nutzung durch die Tafel sicher und unterstützt die Initiative der Tafel, diesen Ort in Zukunft zu einem interkulturellen Quartierszentrum zu entwickeln.

Durch kleine Mosaikfenster strahlt das farbige Licht auf die Kisten voller Lebensmittel. Während das Gebäude von außen schlicht erscheint, überrascht im Inneren ein wahres Lichtermeer. In dieser Kirche finden seit Jahren keine Gottesdienste mehr statt. Wo sich früher die Gemeinde um den Altar versammelte, erhalten nun bedürftige Menschen Lebensmittel. Damit erfährt das Gebäude eine hervorragende Nachnutzung. 

Seit 2007 stellt die Kirchengemeinde St. Marien das Gebäude der Oberhausener Tafel zur Verfügung. Schon längst ist es als „Tafelkirche” bekannt. An vier Tagen in der Woche geben die Ehrenamtlichen hier Lebensmittel aus, die zuvor abgeholt und sortiert werden. Weil das gesamte Kirchengebäude dringend restauriert werden muss und auch der langfristige Unterhalt bislang nicht gesichert ist, ist das Zuhause der Tafel gefährdet. „Unser Projekt möchte die ‚Tafelkirche‘ retten und sie für zukünftige Nutzungen sichern", erklärt Regina Wittmann, Mitgründerin des „Vereins zur Förderung der ‚Tafelkirche‘ Heilige Familie e.V.” 

Video

Engagement des Monats Januar 2024: Tafelkirche "Heilige Familie" Lirich

01:33 Minuten

Gemeinsam mit der Oberhausener Tafel wurde 2020 das Projekt „Tafelkirche im Quartier'' ins Leben gerufen. Das Hauptziel ist es, das Gebäude sowohl baulich zu sichern als auch die räumlichen Voraussetzungen für eine langfristige Nutzung durch die Oberhausener Tafel zu erhalten. „Wir merken tagtäglich, dass die Bedürftigkeit zunimmt", betont Friedhelm Bever, stellvertretender Vorsitzender der Tafel Oberhausen. Aktuell seien die Möglichkeiten der Tafelkirche begrenzt und sie könne dieser Nachfrage nicht adäquat begegnen.

Die Kirche "Heilige Familie" ist ein architektonisch bedeutendes Gebäude aus den 1950er Jahren, das von den Architekten Rudolf Schwarz und Josef Bernhard geplant wurde. Es ist weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben und wurde 2019 aufgrund seiner historischen und kulturellen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt. Besonders bemerkenswert ist die Gestaltung des quadratischen Innenraums, der flexibel nutzbar ist. ,,Dabei verleihen die Kirchenfenster dem Raum durch ihr einzigartiges Lichtspiel eine besondere Atmosphäre", beschreibt Regina Wittmann das Innere des Gebäudes. 

Trotz der veränderten Nutzung durch die Tafel sind das beeindruckende Raumgefühl und die architektonische Qualität erhalten geblieben. Die Kirche ist somit auch ein lebendiges Beispiel dafür, wie historische Bauten neue, gemeinnützige Zwecke erfüllen können. 

Durch die erfolgreiche Akquirierung von Fördermitteln und Spenden für die Fassaden- und Dachsanierung ist dem Förderverein bereits ein erster wichtiger Schritt zum Erhalt des Gebäudes gelungen. Dazu haben Experten zum Beispiel maßgeschneiderte Lösungen für die anspruchsvolle Betonsanierung entwickelt. ,,Zugleich arbeiten wir auch an neuen Lösungen für die Logistik der Tafelarbeit", betont Regina Wittmann. 

Neben den Herausforderungen durch die bevorstehende Sanierung widmen sich die Ehrenamtlichen mit dem Projekt „Tafelkirche im Quartier" auch der zukünftigen Entwicklung. Schließlich soll die Tafelkirche auf lange Sicht als sozialer und kultureller Ankerpunkt in der Stadt etabliert werden. Hier kommen bereits heute Menschen verschiedener Glaubensrichtungen, Herkunft und unterschiedlicher Altersgruppen zusammen. Zukünftig sollen vielseitige Aktivitäten ausgebaut werden, die über die derzeitige Nutzung als Lebensmittelausgabestelle der Oberhausener Tafel hinausgehen. Dafür möchten die Ehrenamtlichen langfristig auch das Nachbargrundstück der Kirche nutzen. 

Von kulturellen Ereignissen bis hin zu Bildungsangeboten – die Tafelkirche soll auch als Veranstaltungsort genutzt werden, um eine breitere Palette an Aktivitäten anzubieten. ,,Wir möchten, dass die Kirche ein offener Ort für alle Menschen aus dem Quartier und aus der Stadt ist", betont Friedhelm Bever. Um möglichst innovative Ideen zu finden, haben sich die Ehrenamtlichen Unterstützung von Studierenden geholt, die bereits Konzepte im Rahmen ihres Studiums für die Tafelkirche entwickelten: Second-Hand-Laden, Kochkurse, sogar Raves und vieles mehr stehen auf der Ideenliste.

Außerdem sollen noch mehr Menschen unterstützt werden, sagt Friedhelm Bever. Hierzu zählen spezielle Programme für Kinder, Senioren und kranke Menschen. Das Projekt soll die Kirche zu einem Treffpunkt für die gesamte Gemeinschaft machen und ihre Rolle als sozialer und kultureller Mittelpunkt stärken.

Die Zukunftsvision der „Tafelkirche im Quartier” beinhaltet auch die Weiterführung und Intensivierung der Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Partnern und Organisationen. Dadurch soll die nachhaltige Entwicklung und der langfristige Erhalt des Projekts sichergestellt werden. Insgesamt zielt das Projekt darauf ab, die Tafelkirche als einen Ort der Vielfalt und des Miteinanders zu etablieren, der offen für alle ist und unterschiedlichste Aktivitäten und Gruppen willkommen heißt.

Als Dank und Anerkennung erhält das Projekt 1.000 Euro. Das Geld soll gezielt und sinnvoll für die Durchführung von Pilotprojekten zur Erweiterung der Angebote der Tafelarbeit eingesetzt werden, um ihre langfristige Nutzung als soziales und kulturelles Quartierszentrum zu sichern und zu fördern.