Von der Haustür zum Wunschort – kostenloser Fahrdienst mit dem Dorfauto

Von der Haustür zum Wunschort – kostenloser Fahrdienst mit dem Dorfauto

Engagement des Monats März 2024

Menschen auf dem Dorf mobiler zu machen und ihnen mehr Lebensqualität zu schenken – das steckt hinter dem Fahrdienst e³ des Dorfvereins in St.Vit. Was mit einem Car-Sharing-Angebot begann, entwickelte sich durch eine Gruppe engagierter Bewohner zu einem kostenlosen und ehrenamtlich getragenen Fahrdienst für mobilitätseingeschränkte Menschen.

Zweimal am Tag fährt ein Schulbus ins kleine Dorf St. Vit bei Rheda-Wiedenbrück. Es ist die einzige öffentliche Verkehrsanbindung. Für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen gab es lange kaum eine andere Möglichkeit, das Dorf zu verlassen – bis der Verein Dorf aktiv e.V. den kostenlosen Fahrdienst e³ ins Leben gerufen hat. 

Das Prinzip ist einfach: Mobilitätseingeschränkte Menschen können telefonisch eine Fahrt buchen und werden mit dem Dorfauto dann kostenlos von ihrer Haustür zu ihrem Wunschort gefahren. 

Die Grundlage des Projekts bildet ein Dorf-internes Car-Sharing-Angebot mit zwei Elektroautos, die an einer zentralen Ladestation in St. Vit bereitstehen. Jeder im Dorf kann diese Autos nutzen, um mobiler zu sein und gleichzeitig einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Das Konzept dahinter wurde von der Stadt Rheda-Wiedenbrück und dem Kreis Gütersloh entwickelt. Um es zu testen, wählten sie das Dorf St. Vit aus, weil der Verein eine aktive Gemeinschaft schaffe und das Dorf auch von seiner Lage her einen kompakten Kern habe – ideale Voraussetzungen für ein solches Carsharing-Projekt. 

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Engagement des Monats März 2024: Fahrdienst e³ des Dorfvereins in St.Vit

01:38 Minuten

Obwohl es sofort gut anlief, merkte der Verein, dass nicht jeder die Autos selbständig fahren konnte. Besonders „ältere Menschen hatten Schwierigkeiten mit der Nutzung der Elektroautos“, erklärt Ludger Vollenkemper, Vorsitzender des Dorf aktiv e.V.. Um ihnen dennoch die Vorteile dieser Mobilitätsform zu ermöglichen, gibt es seitdem den kostenlosen Fahrdienst. 

Damit das Projekt zuverlässig funktioniert, sind die Abläufe im Vereinsleben mittlerweile fest verankert: Rund 15 Ehrenamtliche stemmen den Fahrdienst. Davon fungieren einige als Telefonierende und andere als Fahrerinnen und Fahrer. Der organisatorische Kern des Fahrdienstes liegt bei den Telefonierenden. Sie sind die erste Anlaufstelle für Fahrtanfragen und fungieren als Bindeglied zwischen den Fahrgästen und den Fahrern. Ein altes Handy dient als zentrales Kommunikationsmittel. Per Rufumleitung wird wöchentlich auf das Telefon eines anderen Ehrenamtlichen umgeleitet. Sobald ein Fahrtwunsch eingeht, prüft die Person, ob ein Auto verfügbar ist. Dann leitet er die Anfrage an die Gruppe der Fahrer weiter und es finde sich in der Regel schnell eine Person, die die Fahrt übernehmen kann, sagt Vollenkemper. 

Neben der offensichtlichen Verbesserung der Mobilität im Dorf hat das Projekt auch Vorteile auf sozialer Ebene. Vollenkemper betont: „Unsere älteren Dorfbewohner genießen die Gespräche und die menschliche Nähe, die sich durch den Fahrdienst ergeben.“ Besonders während der Pandemie waren viele ältere Menschen isoliert und der Fahrdienst habe ihnen die Möglichkeit geboten, in Kontakt zu bleiben und Unterstützung zu erhalten, beispielsweise bei Arztbesuchen oder Einkäufen. 

Neben der Verwaltung des Dorfgemeinschaftshauses und des Fahrdienstes hat der Verein Dorf aktiv e.V. eine Reihe weiterer Projekte ins Leben gerufen, die das soziale und kulturelle Leben in St. Vit bereichern. Von monatlichen Veranstaltungen wie dem Sonntagscafé und Vesper-Abenden, bis hin zu ortsgeschichtlichen Vorträgen, Konzerten und Weinproben, bietet der Verein vielfältige Aktivitäten an, die das Gemeinschaftsgefühl stärken.

Die Lebensqualität im Dorf fördern und den Umweltschutz stärken – das sind seine Ziele. Gegründet wurde er 2015 von einer Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger. Grund dafür war das leerstehende Küsterhaus, das älteste Gebäude im Ort. Die Gründungsmitglieder des Vereins sahen in der Wiederbelebung dieses Hauses nicht nur die Chance, ein Stück Dorfgeschichte zu bewahren, sondern auch einen Ort der Begegnung und des gemeinschaftlichen Lebens zu schaffen. Deshalb übernahm der Verein das Gebäude und verwandelte es in ein neues Zentrum des Dorfes. Das war der Ausgangspunkt. Seither widmet sich der Verein der Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit und der Steigerung der Lebensqualität in St. Vit.

Seine Finanzierung und den Fahrdienst gestalten die Ehrenamtlichen vielschichtig. Durch Mitgliedsbeiträge seiner rund 300 Mitglieder und die Vermietung einer Ferienwohnung im 1. OG des Gebäudes können die laufenden Kosten gut gedeckt werden. Viele der Nutzer des Fahrdienstes spenden regelmäßig an den Verein. Für größere Projekte, wie die Renovierung des historischen Küsterhauses, hat der Verein zudem erfolgreich Fördermittel und finanzielle Unterstützung von verschiedenen öffentlichen Einrichtungen und Stiftungen eingeworben. 

Für die Zukunft haben die Ehrenamtlichen um Ludger Vollenkemper klare Vorstellungen und Ziele. Dazu gehören die Stabilisierung und Aufrechterhaltung des Dorfauto-Projekts genauso wie die Entwicklung neuer Projekte. Der Verein plant, Lastenräder als Ergänzung zum bestehenden Mobilitätsangebot einzuführen und engagiert sich darüber hinaus in lokalen Entwicklungsgruppen, um die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. All das machen sie, um langfristig und nachhaltig die Lebensqualität im Dorf zu fördern und ein gemeinschaftliches Miteinander aufrechtzuerhalten.